aus dem Logbuch der Nam Kok
Sonntag, 01. Juli 2018
Mein Gott, wie oft haben, bzw. mussten wir unsere Abreise verschieben.
Seid Ihr immer noch nicht weg? Wann geht’s denn endlich los? Ihr wolltet doch schon längst unterwegs sein…. Ja, ja, all das wussten wir. Wir haben ja auch alles gegeben und uns nicht anne Füße gespielt. 
Langsam wurde die schier unendliche Checkliste kürzer. Impfungen sind durch. Arzttermine erledigt. Versicherungen, Daueraufträge, Bankkonten umgestellt. Alles Dinge, die während unseres Arbeitslebens nicht vollständig erledigt werden konnten. Unsere ohnehin kleinen Kleiderschränke wurden auf links gedreht und der ganze Bürozwirn ging von Bord. Bis auf einen Anzug. Wofür weiß ich auch nicht…, aber man weiß ja nie.
Unverhofft kamen ein paar Dinge wieder hinzu. So standen mit der Reparatur unserer Dieselvorförderpumpe und der Verstärkung der Aufhängung des Geräteträgers doch noch 2 unerwartete Baustellen neben unserer massiven Notpinne an. Wieder gibt es durch das Warten auf Ersatzteile eine weitere Verzögerung. Es blieb nichts anderes, als die Situation hinzunehmen, wie sie ist. Die Reparatur der Dieselpumpe ging ziemlich glatt, dank der Fernassistenz von Markus, unserem Mercedes-Messias. 
Auch die andere Baustelle war in 2 Tagen durch. Bis auf die Wiederinbetriebnahme der Solarpanels, die wir zu den Schweißarbeiten vom Netz nehmen mussten. Unsere Batterien hatten nach
dieser Aktion etwas Ladehunger und ich erwartete nach dem Neustart der Panels einigen Strom auf der Pfeife, genauso wie ich es gewohnt bin. Aber nix. Läppische 2 Ampère und das bei strahlendem Sonnenschein. Mir stand pure Verzweiflung ins Gesicht geschrieben. Dinge, die tadellos funktionierten, gingen jetzt in die Knie. Der Himmel schickte uns gleich unseren Vereinskameraden und Solarexperten Dirk vorbei. Alle Überprüfungen zeigten ein korrekt arbeitendes System und keinen wirklichen Fehler. Die einzige Störung hatte ich wohl selbst, in meiner jetzt aufgetretenen, schon schrägen Übersensibilität. So ging wieder ein weiterer von vielen Tagen dahin…
Zum Glück herrschte zu diesem Zeitpunkt in Holland und im Ärmelkanal Westwind; so wären wir eh nicht vorankommen. Und zum Glück hat auch die WM angefangen. Zeitgleich mit unserer wunderschönen Abschiedsfeier nach dem Masttransport mit vielen helfenden Händen im Segelverein verabschiedete sich auch unsere alemanische Mannschaft aus dem Turnier. Noch ein paar Tage, dann sollte es losgehen. Erst Mittwoch, dann Freitag, am Ende sollte es dann am Samstag Morgen sein. Noch ein Abschied in Sprockhövel bei den Schwiegereltern und auch Helen & Ben, die aus Japan zurückgekehrt sind. Natürlich immer hoch die Tassen. Volles Programm. 
Spontan sitzen wir mit unseren Stegnachbarn aus Warns mit den Fischen und Solyson nacheinender in lauen Sommerabenden an Bord. Farewell mit reichlich Ouzo bei unserem Lieblingsgriechen am Großmarkt. Und ab und zu flackerten
unsere Talente als Partykapitän auf, jedoch nicht so wie in alten Tagen, sonst kämen wir ja nie los…
Nur mit meiner Mutter ging es geruhsamer zu und wir sind sehr zufrieden, dass sie gut aufgehoben und gut drauf ist. Tapfer geht sie mit den Folgen ihres Schlaganfalles um und lässt den Mut nicht sinken, stets ihrem großen Ziel verbunden, nach unserer Rückkehr wieder in ihr zu Hause einziehen zu können.
Der große Tag der Abreise war gekommen. Ich führte noch mal die letzten Checks im Maschinenraum durch und kam
kreidebleich wieder raus. Große Mengen an Kühlwasser hatten sich in Luft aufgelöst und auch eine kleine Leckage, die wir nicht so ernstnehmen wollten, wurde größer. Am Steg trafen langsam Freunde und Vereinskameraden ein, die uns noch einmal herzlich drücken wollten. Es war klar, dass es jetzt nur noch vorwärts gehen konnte und unsere Probleme an dieser Stelle verdrängt und unterwegs gelöst werden mussten, egal wo und wie. Jetzt standen alle so lieben Leute für uns im Mittelpunkt, die uns solch bewegende Momente zur Abreise geschenkt haben. Die Sonnenbrille am strahlendblauen Vormittag half, die feuchten Augen zu kaschieren in riesengroßer Herzlichkeit.
Den Höhepunkt zum Ablegen bildete eine Geleitfahrt mit 5 Booten, die Klaus und Stolli organisiert hatten. Bis zur Uerdinger Brücke geleiteten sie uns auf dem Wasser und an Land, bis sie uns dem mächtigen Rhein übergaben. In rasanter Fahrt ging es zu Tal, sehr bald schon an Duisburg vorbei. An Bord war es still. Wir wollten nicht sprechen und waren mit den letzten wunderbaren Eindrücken zu sehr beschäftigt, jeder für sich.
Der Rhein bot dazu traumhaft schöne, sommerliche Bilder. Weiße Strände wie in der Südsee mit den Schloten von Duisburg-Walsum. Unser nächster Blick galt jedoch unserem Kühlwasser. Eine Kontrolle ergab wieder einen drastischen Verlust, den wir uns nicht wirklich erklären konnten.
Alle Temperaturen waren okay. Kein Qualm aus dem Auspuff. Runder, ruhiger Motorlauf. Ich musste Markus, unseren Mercedes-Messias zu Rate ziehen. Wir dachten an eine Leckage im Wärmetauscher. Und auch der Zylinderkopf wurde nicht ganz ausgeschlossen. „Frank“, sagte Markus, „bei dem Wasserverlust häste doch ne Dampfmaschin‘, et muss wat angeres sein“. Je länger wir sprachen, desto mehr kreisten wir jedoch am Telefon das Phänomen ein, dass diese Leckage rund um die Kielkühlung und dieser Wasserverlust genau zeitgleich auftraten. In der Tat gibt es hierbei nicht nur zeitliche, sondern auch mechanische Verbindungen, die uns der Lösung näher bringen sollten. Wir glaubten nun fest an eine Theorie, die sich nach dem Einlaufen in Emmerich erhärtete. Der Maschinenraum war mit einigen Litern Wasser geflutet. 
Der Kühler hat tatsächlich wieder Wasser verloren und der Hahn zur Kielkühlung stand unbeabsichtigt offen. Normalerweise dürfte nichts passieren, außer wenn ein Rohr der besagten und eigentlich unwichtigen Kielkühlung durchgerostet ist.
Mit Gisela und Günther aus Emmerich begossen wir diese Theorie und nicht zu knapp, so wie es wohl in unserer Familie üblich zu sein scheint, gepaart mit entsprechender Herzlichkeit.
Mit dicker Birne verschwand ich am folgenden Tag im Maschinenraum, trotzdem mit vollem Tatendrang. Flugs war alles trockengelegt, überflüssige Hähne verschlossen und Kühlwasser aufgefüllt. Die Grenze nach Holland war danach schnell erreicht. Alles lief rund und die Annahme zur Ursache für unsere großen Sorgen sollte sich bewahrheiten. Erleichtert und erstmals unbeschwert ging es weiter den Fluss hinunter ins Nachbarland.
Auf Wiedersehen good old Germany.
Auf Wiedersehen all Ihr lieben Freunde. Danke an alle für die großartigen Abschiede und liebevollen Präsente und Gesten.
Endlich abgelegt.